Alfred Ullrich
TRANSIDENTITIES III
09. September - 04. November 2011
Alfred Ullrichs Kunst scheint sich auf den ersten Blick nicht mit seiner Herkunft zu beschäftigen. Gekonnt setzte der Künstler die Mittel des Druckhandwerks auf experimentelle Weise ein. Es entstehen zarte, zumeist abstrakte Bilder, in denen das Verfahren des Drucks aufgezeigt wird. Betrachtet man die Arbeiten genauer, wird schnell Ullrichs Spielfreude deutlich und immer wieder sind Widersprüche zu sehen. Denn die Strukturen geben eine vielfältige Oberfläche dar, in der Formen und Farben widerstreitende Wechselspiele eingehen. Bei den gedruckten Formen handelt es sich um Spuren physischer Zerstörung der Druckplatten, sei es durch Ätzungen oder Walzungen der Platten selbst oder etwa durch Abdrücke von in performativen Aktionen zerstörten Bierdosen. Ullrichs Arbeit lebt im Spannungsfeld zwischen dem Schönen und dem Groben, zwischen Anmut und Provokation.

Die Zugehörigkeit zu einer Minderheit hat Alfred Ullrich zu einem wachen Beobachter seiner Umwelt werden lassen, der versteckte Klischees und Stereotypen im Alltag aufdeckt. Der Künstler hinterfragt subtil und humorvoll althergebrachte Sicht- und Verhaltensweisen. Wie sehr prägt uns die Vergangenheit? Wie kurzlebig ist kollektive Erinnerung? Vor allem in Sprache und Bildern findet Alfred Ullrich oft eine unbedachte Diskriminierung des Exotisch-Fremden. So weist er immer wieder auf blinde Flecken der so genannten offenen Gesellschaft hin. Die persönliche und die leidvolle Vergangenheit der Sinti und Roma ist Teil seiner Lebenserfahrung und somit auch in seinem Werk stets präsent.

Besonders die in der Galerie gezeigte Videoinstallation Crazy Waterwheel (2010/11) zeigt den Künstler als einen Aktivisten, der sich mit den scheinbar schwachen Mitteln der Kunst gegen die stete Ausgrenzung der Roma-Minderheit zu wehren sucht. In einer langen lokalen Auseinandersetzung mit dem Bürgermeister erwirkte Ullrich die Abschaffung eines Schildes mit der Aufschrift Landfahrerplatz. Unter diesem bereits von den Nazis geprägten Begriff wurde den Fahrenden an einem abgelegenen Ort zwischen Autostraßen ihr Platz in der Gemeinde Dachau zugewiesen. Das Schild ist Bestandteil zweier in der Galerie Kai Dikhas präsentierter Installationen und ist neben weiteren Arbeiten von Alfred Ullrich im Rahmen des diesjährigen Roma Pavillons Call The Witness auf der 54. Biennale in Venedig zu sehen. Aus Venedig brachte Ullrich ein weiteres Schild nach Berlin, das er vor einem Louis-Vuitton-Geschäft gefunden hat: Don’t Pay The Gypsies.

ALFRED ULLRICH . TRANSIDENTITIES III
Eröffnung: 8. September 2011 . 18 bis 21 Uhr
Ausstellung: 9. September bis 4. November 2011
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