Damian Le Bas
Gateway To Paradise
12. Januar - 24. Februar 2018

DAMIAN LE BAS . GATEWAY TO PARADISE

 

Völlig unerwartet und viel zu früh verstarb der Künstler Damian Le Bas am 09. Dezember 2017. Damian Le Bas war der Galerie Kai Dikhas von Anfang an eng verbunden, in zahlreichen unserer Ausstellungen war seine Position zentral und nicht zuletzt nahm sogar die Idee zu einer Galerie für die zeitgenössische Kunst der Sinti und Roma im Wohnzimmer der Familie Le Bas eines Nachts ihren Ursprung. Denn seine Kunst ruht nie.

 

Stets politisch subversiv, dabei aber immer humorvoll, war Damian Le Bas ein wichtiger Wegbereiter für die gesamte Roma-Emanzipationsbewegung: „[He was] literally putting Gypsies on the map”, hieß es am 11.01.2018 in der London Times. Auf die häufigen Widerstände, Diskriminierungen und Grenzen, mit denen die Minderheit konfrontiert ist, reagierte er in seiner Kunst (wort-)gewandt und mit entwaffnenden Witz. Der passionierte Musik-Sammler verstand es imaginativ, quasi musikalisch, scheinbar völlig unterschiedliche Welten - vom viktorianischen Kinderbild bis hin zur politischen Agitation - miteinander zu vereinen. Dabei griff er spielerisch auf den reichen Fundus der europäischen Romany-Kulturen zurück und bediente sich stets frei an traditionellen Symbolen und oft auch an Stereotypen, die der Minderheit nachgesagt werden (– nicht selten zum Verdruss derer, die sich mit Antiziganismus beschäftigen): So sind auf den meisten seiner Werke Begriffe wie „Gypsy“  zu finden, was zwar in England die gebräuchliche Selbstbezeichnung der Romany Traveller ist, als Derivat der fälschlichen Fremdbezeichnung als „Egyptians“ („Ägypter“) von den meisten Roma auf dem Kontinent jedoch abgelehnt wird. Auf seinen Bildern wimmelt es von traditionellen Roma-Wagen, oft deutet der Künstler einen Taschenspielertrick mit einem Augenzwinkern an. Dabei entsteht eine ernstgemeinte Parallelwelt, die allem Spießertum selbstbewusst die Stirn bietet. Damian Le Bas wiederkehrendes Alter Ego, ein viktorianischer Wundermann mit Zylinderhut, der einem englischen Märchenjahrmarkt entsprungen zu sein scheint, spaziert mit Leichtigkeit über Grenzen, Stacheldraht und Konventionen hinweg.  Da, wo er war, da wo seine Kunst nun verbleibt, dort ist „Gypsyland“, seine künstlerische Utopie einer Welt frei von Vertreibung und Unterdrückung.

 

Damian Le Bas studierte am Royal College of Art in London. Dennoch fühlte er sich der Art Brut verbunden, die eben das Anti-Akademische in den Vordergrund stellt und die Kunst von Laien und psychisch erkrankten Menschen einschließt. Die Position der Outsider Art als Gegenentwurf zur regulierten, limitierten und politisch ernüchternden Realwelt wird bei ihm zum Programm. Der Begriff des „Gypsy Dada“, den Le Bas gemeinsam mit seinem Künstlerfreund Gabi Jiménez geprägt hat, nutzt die Wucht dieser modernistischen Kunstbewegung zu einer umfassenden Befreiung. Die Kunst wird - und das beweist der derzeitige Erfolg der Roma-Emanzipationsbewegung insgesamt, die sich mit Hilfe der Kunst neue und erste Institutionen erkämpft - zu einem wirkmächtigen politischen Mittel der Selbstrepräsentation und Unterwanderung der Unterdrückungsmechanismen, denen Roma ausgesetzt sind. Damian Le Bas hatte an diesem Prozess einen großen Anteil.

 

Die Ausstellung GATEWAY TO PARADISE ist die Würdigung eines großen Künstlers. Wir sind umgeben, und das ist unser Glück, von den faszinierende Werken der letzten zehn Jahre, die wir retrospektiv zusammenstellen. Seine Kunst ist ein Vermächtnis, welches uns Vorbild bleibt.

 

Moritz Pankok

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