Kiba Lumberg
DIARY OF A MAD ARTIST
22. Juni - 21. September 2012
Meine Bilder geben (...) bildhafte Einblicke in Ereignisse, Stimmungen. Ich versuche mein Bestes zu geben. Manchmal ist mein Kopf völlig ratlos. Und die schlaflosen Nächte, das Beobachten des Nachthimmels, den Hof und den Park. (...) In der Nacht verwandeln sich selbst die vertrauten Orte. Es ergeben sich Bilder im Kopf, Erinnerungen, Fragmente der Dinge. Dinge, die nie waren, Orte, Momente, Empfindungen - wie aus dem Reich der Träume, auch wenn ich wach bin.
Kiba Lumberg

Was bedeutet „Andersein“? Wann ist man Teil einer Gesellschaft? Und wann ist man „draussen“? Was ist das für ein Gefühl, nicht so richtig „dazu zu gehören?“ Kann die Arbeit als Romni Künstlerin das Empfinden von Exklusion und sozialen Sanktionen noch erhöhen? Ist dies ein Leben zwischen Fiktion und Realität?
 
Das zentrale Thema der Arbeit der Romni Künstlerin Kiba Lumberg ist dieses „Anderssein“. In Comics, Zeichnungen, Malerei und Installationen setzt sich die Künstlerin damit auseinander. Eine Künstlerin, ausgegrenzt unter den Ausgegrenzten, eine Minderheit innerhalb der Minderheit, Künstlerin unter Nicht-Künstlern, Frau in einer Väterwelt, Homosexuelle unter Heterosexuellen, Ungeliebte unter den Liebenden und schließlich als Finnin eine Europäerin am Rande Europas?

Mit vitaler Energie stellt die Künstlerin ihre Person ins Zentrum ihrer Narration. Sie erfindet sich als Figur ihrer Comics und Gemälde, Installationen und Performances neu. Bisweilen, so etwa in ihren Gipsy Comix, gewinnt der Betrachter den Eindruck, sie übertreibe: Ist hier nicht zu viel Selbstmitleid zu erkennen? Doch eben in dieser Position gewinnt Lumbergs Kunst ihre Universalität und Unabhängigkeit. Mit Selbstironie und zuweilen dem Mittel der Karikatur erzählt sie von ihrem eigenen Leben. In der Form der zeitgenössischen Comics, die die Realität ungeschönt und sehr subjektiv darstellen, wagt sie im Kontext der oralen Tradition der Roma einen neuen Weg. Durch das neue Medium befreit sie sowohl die Erzählweise als auch den Inhalt vom Tradierten und etabliert dafür eine neue, tragfähige Struktur. In den expressiven Tuschzeichnungen erkennt sich der Betrachter in der scheinbar so andersartigen, abseitigen Biografie der ausgegrenzten Künstlerin wieder, fühlt mit ihr in elenden, intimen und komischen Situationen. Nur als Außenseiterin, so scheint es, kann die Künstlerin einen gleichsam objektiven wie persönlichen Blick auf unseren Alltag werfen, und sich sogar wieder, aus sicherem Abstand, auf Formen und Farben ihrer Roma- Tradition beziehen. Die Tradition der finnischen Roma wird so zur Quelle der Inspiration wie auch der Identität, ohne die individuelle Freiheit zu begrenzen.

Damit ist die Arbeit von Kiba Lumberg eine wichtige und aktuelle Position, ein Beitrag zum entwickelten Diskurs der zeitgenössischen Romakultur. Die Kunst, die die so diverse Kultur der Minderheit der Sinti und Roma vereint, wird von Künstlerinnen und Künstlern geschaffen, in deren Biografien die Erfahrung der Ausgrenzung und Verfolgung ein gemeinsam prägendes Erlebnis ist. Kiba Lumberg zeigt uns diese Erfahrungen über das Medium des Comics und verleiht diesen damit eine neue Funktion in der Ausdrucksweise der Sinti und Roma.

Kiba Lumberg wurde 1956 in Lappeenranta, Finnland, geboren.Sie entzog sich dem Einfluss ihrer Familie und den zum Teil restriktiven Traditionen der finnischen Roma und wuchs auf eigenen Wunsch in einem Waisenhaus auf. Sie studierte an der Universität für Kunst und Design in Helsinki (UIAH). Bislang nahm die Künstlerin an verschiedenen Einzel- und Gruppenausstellungen teil, darunter an beiden Pavillions der Sinti und Roma der Biennale Venedig, 2007 “Paradise Lost” und 2011 “Call the Witness”.

Die Ausstellung wird in Zusammenarbeit mit der finnischen Künstlerin Kaarina Majander realisiert.

KIBA LUMBERG
DIARY OF A MA
Eröffnung: 21. Juni 2012, 19 - 21 Uh
Ausstellung: 22. Juni - 21. September 2012